EU-Datenschutzverordnung muss Innovationen ermöglichen

Prinzip der Datensparsamkeit ist in Zeiten von Big Data überholt / Anreize für den Einsatz von Anonymisierungstechniken schaffen / Start der Verhandlungen zwischen Ministerrat, Kommission und Parlament

Pressemeldung der Firma BITKOM - Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V.

Der Digitalverband BITKOM hat zum Start der Verhandlungen über die Details der EU-Datenschutzverordnung Nachbesserungen gefordert. „Neue Geschäftsmodelle auf Grundlage von Technologien wie Big Data, Cloud Computing oder Cognitive Computing hängen ganz wesentlich von der neuen Datenschutzverordnung ab“, sagte Susanne Dehmel, BITKOM-Geschäftsleiterin Vertrauen und Sicherheit. „Werden die rechtlichen Grundlagen für die Verarbeitung von persönlichen Daten zu eng gefasst, bleibt zu wenig Spielraum für Innovationen.“ Neben Unternehmen profitierten von modernen Datenanalysen auch Mediziner, Verkehrsplaner oder Wissenschaftler. „Eine einseitige Verengung der Diskussion auf Wirtschaft contra Bürgerrechte ist nicht angebracht“, betonte Dehmel. „Wir brauchen ein flexibles Datenschutzrecht, das neue Anwendungen ermöglicht, aber die Privatsphäre der Menschen schützt.“ Kritische Punkte in der geplanten Verordnung sind unter anderem die Themen Datensparsamkeit, Zweckbindung, Einwilligung und Profilbildung.

Ein wesentlicher Schwachpunkt der aktuellen Entwürfe ist aus Sicht des BITKOM der fehlende Anreiz für den Einsatz von Anonymisierungstechniken bei der Datenverarbeitung. „Mit diesen Instrumenten kann der Bezug zu einer einzelnen Person entfernt werden“, betonte Dehmel. Während bei der Pseudonymisierung der Personenbezug wieder hergestellt werden kann, ist das bei der Anonymisierung nicht der Fall. In der Praxis würde das zum Beispiel die Nutzung von Standortdaten von Personen bzw. deren Fahrzeugen für die Verkehrslenkung erleichtern oder die Auswertung der Krankheitsverläufe von Patienten für die medizinische Forschung. „Setzen Unternehmen oder andere Organisationen die Instrumente der Pseudonymisierung ein, sollte eine Verarbeitung der Daten erleichtert werden“, forderte Dehmel. Dafür müssten in der Datenschutzverordnung rechtliche Anreize geschaffen werden. Der BITKOM schlägt dafür Regelungen vor, wie sie im deutschen Telemediengesetz vorhanden sind.

Kritisch sieht die Digitalbranche auch die Grundprinzipien der Datensparsamkeit und der Zweckbindung bei der Datenerhebung. Das Prinzip der Datensparsamkeit besagt, dass so wenige Daten gesammelt werden sollen wie möglich. „Das Konzept der Datensparsamkeit hat sich in Zeiten der Digitalisierung nahezu aller Lebensbereiche überholt“, sagte Dehmel. „Vielmehr sollten wir uns die Datenvielfalt zunutze machen und dafür entsprechende Regelungen finden.“ So sei das Ziel von Big Data Analysen, aus einer möglichst großen Menge unterschiedlicher Daten neue Erkenntnisse zu gewinnen. Dem stehe auch der Grundsatz entgegen, dass personenbezogene Daten nur für einen bestimmten Zweck verarbeitet werden dürfen. „Eine Auswertung von Daten sollte zulässig sein, soweit sie für die Betroffenen nicht nachteilig ist“, sagte Dehmel. Im deutschen Datenschutzrecht gibt es die grundsätzliche Erlaubnis, Daten für eigene Geschäftszwecke zu verarbeiten oder weiterzuverarbeiten, wenn ein „berechtigtes Interesse“ des Unternehmens an der Verarbeitung besteht und dem keine Interessen des Betroffenen entgegenstehen. Dehmel: „Eine Einschränkung dieses Rechts würde sich erheblich auf zukünftige wirtschaftliche und technische Entwicklungen in Europa auswirken.“

Die in der aktuellen Ratsfassung formulierten Transparenzpflichten sind aus Sicht des BITKOM uferlos. „Die Vorschriften über die Rechte der Betroffenen sollten mehrstufig angelegt werden“, sagte Dehmel. Nur so ließen sich das individuelle Informationsbedürfnis der Betroffenen und die Begrenzung des Aufwandes bei den verantwortlichen Stellen in Einklang bringen. „Die proaktiven Informationspflichten sollten sich auf wirklich relevante Informationen beschränken“, forderte Dehmel. In einigen Fällen wäre anstelle einer Benachrichtigung eine Hinweispflicht sinnvoll. Das ist zum Beispiel bei der Videoüberwachung der Fall, bei der ein anderes Vorgehen gar nicht möglich ist. Möchte sich der Betroffene daraufhin tiefer informieren, steht ihm ein weitergehendes Auskunftsrecht zu. Im Anschluss an die erteilte Auskunft kann er dann die Rechte auf Berichtigung und Löschung geltend machen.

Um aktuelle Fragestellungen rund um Datenschutz in der Praxis geht es auch am 24. September 2015 auf der internationalen Bitkom Privacy Conference in Berlin. Datenschutz-Experten aus Wirtschaft, Forschung und Verwaltung diskutieren ihre Erfahrungen und präsentieren Best-Practice-Beispiele. Alle Infos und Teilnahmemöglichkeiten unter: http://www.privacy-conference.com/…



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